| |
Erdöl ist ein in der
Erdkruste eingelagertes, hauptsächlich aus Kohlenwasserstoffen bestehendes
Stoffgemisch, das bei Umwandlungsprozessen organischer Stoffe entsteht.[1] Das
als Rohstoff bei der Förderung aus Speichergesteinen gewonnene und noch nicht
weiter behandelte Erdöl wird auch als Rohöl bezeichnet. Es ist derzeit der
wichtigste Rohstoff der modernen Industriegesellschaften und wird deshalb auch
„Schwarzes Gold“ genannt. Allein in den Jahren von 2000 bis 2007 wurden etwa
200[2] bis 220[3] Milliarden Barrel – ein Barrel entspricht ungefähr 159 Liter –
weltweit gefördert. Erdöl ist ein fossiler Energieträger und dient zur Erzeugung
von Elektrizität und als Treibstoff fast aller Verkehrs- und Transportmittel.
Wichtig ist Erdöl zudem in der chemischen Industrie, es wird zur Herstellung von
Kunststoffen und anderen Chemieprodukten benötigt. Die Vorräte in der Erdkruste
sind endlich. Wie lange die Erdölproduktion die Nachfrage noch decken kann, wird
unter Experten kontrovers diskutiert. Der Geologe Colin J. Campbell geht davon
aus, dass die Welt bereits um 2010 kurz vor einem weltweiten Produktionsmaximum
steht. Campbell kritisiert vor allem, dass das Potenzial unkonventioneller Öle
(z.B. Teersande in Kanada) in den bisherigen Szenarien deutlich überschätzt
wird. Zudem befindet Campbell typische Schätzungen der Reserven bereits
erschlossener sowie noch zu entdeckender Ölfelder für zu optimistisch[4]. Der
World Energy Outlook 2009 der IEA) präsentiert ein Szenario, nach dem 2030 nur
noch rund 75 % des (zu erwartenden) Erdölbedarfs aus bereits erschlossenen
Ölfeldern gedeckt werden kann, sofern weltweit keine gemeinsamen politischen
Anstrengungen zur Senkung des Erdölverbrauchs unternommen werden
(Referenzszenario). Der Rückgang der Förderrate aus bisher genutzten Feldern
muss durch NGL, Unkonventionelles Öl und Rohöl aus noch zu entdeckenden bzw. zu
erschließenden Quellen kompensiert werden. 2030 wird nach diesem Szenario rund
die Hälfte des Rohölbedarfs aus bisher unentdeckten oder nicht erschlossenen
Ölfeldern stammen[5]. Die IEA sieht die Versorgung der Industriestaaten mit
fossilen Brennstoffen wie Erdöl bis 2030 weniger durch den Rückgang der
natürlichen Reserven bedroht, sondern vielmehr durch die stärkere Konkurrenz auf
dem Ölmarkt durch die aufstrebenden Volkswirtschaften Asiens und durch hohe
Investitionskosten zur Erschließung neuer Ölfelder. Hinzu kommen mögliche Krisen
in erdölfördernden Ländern[6]. Die IEA fürchtet folglich "[...]
besorgniserregende Konsequenzen für Klimawandel und Versorgungssicherheit" [7],
sollte die Abhängigkeit der Industriestaaten von fossilen Brennstoffen wie Erdöl
nicht deutlich reduziert werden. So prognostiziert der Bericht einen Anstieg der
weltweiten Durchschnittstemperatur um bis zu 6 °C für das Referenzszenario, was
"[...] sicher einen massiven Klimawandel und irreparable Schäden für den
Planeten nach sich ziehen (würde)"[8].
Erdöl entsteht aus abgestorbenen Meeresorganismen wie Algen.[9] Sie werden
während mehreren hunderttausend bis mehreren Millionen Jahren auf dem
Meeresgrund abgelagert. Herrschen in der betreffenden Meeresregion
sauerstoffarme Bedingungen nahe des Meeresgrundes, so bilden sich dabei mächtige
Sedimentfolgen mit hohem Anteil biogenen Materials. Die Abwesenheit von
Sauerstoff in dieser Ablagerungsumgebung verhindert die vollständige Zersetzung
der Biomasse, ein Faulschlamm entsteht. Im Laufe von Jahrmillionen wird dieser
durch Überdeckung mit weiteren Sedimenten hohen Drücken und Temperaturen
ausgesetzt. Unter diesen Bedingungen werden die in der Biomasse enthaltenen
wasserunlöslichen, langkettigen Kohlenwasserstoffe, die sogenannten Kerogene, in
kurzkettige gasförmige und flüssige Kohlenwasserstoffketten aufgespalten, ein
Prozess, der in der Industrie auch als Cracken bekannt ist.
Diese fein verteilten Kerogene werden durch Druck und Temperatur zersetzt,
jedoch nicht oxidiert. Sie können innerhalb der Poren von Gesteinen wandern.
Diesen Prozess nennt man Migration. In sogenannten Speichergesteinen sammeln
sich die umgewandelten Kohlenwasserstoffe als Erdöl und Erdgas an. Gerät das
Erdöl unter undurchlässige Gesteinsschichten, die seine weitere Wanderung an die
Erdoberfläche und seitwärts verhindern (Erdölfalle), reichert es sich dort an
und es entsteht eine Erdöllagerstätte. In den Gesteinsporen befinden sich neben
Erdöl auch Lagerstättenwasser und Erdgas. Es entsteht zusammen mit Erdöl unter
sehr ähnlichen Bedingungen und bildet über Erdöllagerstätten oft eine sogenannte
Gaskappe.
Bohrkernprobe aus einer Erdöl führenden Sandsteinschicht.
Damit die Umwandlung von Kerogenen in Erdöl und Erdgas gelingt, müssen
verschiedene geologische Faktoren stimmen. Eine wichtige Rolle spielen Drücke
und Temperaturen, die im Laufe der Katagenese auftreten. Damit die im Erdöl
enthaltenen Kohlenwasserstoffketten stabil bleiben, darf nach derzeitigem
Kenntnisstand eine Versenkungstiefe der Mutter- und Speichergesteine von rund
4000 Metern nicht überschritten werden[10]. Diesen Bereich bezeichnet man auch
als Erdölfenster. In größeren Tiefen sind nur noch Erdgasvorkommen
wahrscheinlich. Optimale Bedingungen für die Entstehung von Erdöl, was Druck,
Temperaturen und geeignete Fallenstrukturen angeht, finden sich in der Regel an
den passiven Schelfrändern der Kontinente, an Grabenbrüchen und in der Nähe
unterirdischer Salzstöcke.
Im Verlauf der weiteren Diagenese können Kerogene bituminös, d.h. zähflüssig und
unbeweglich werden. Solche Vorkommen sind für die Förderung wegen der hohen
Kosten zunächst uninteressant. Ein hoher Ölpreis könnte aber die Verarbeitung
schwerer Ölfraktionen lohnend machen.
Sedimentgesteine, die hohe Anteile biogenen Kohlenstoffs enthalten, werden als
Erdölmuttergestein bezeichnet. Ein in Deutschland bekanntes Beispiel für stark
kohlenstoffhaltige Sedimente ist der Ölschiefer aus dem Lias Epsilon, der in
Süddeutschland des Öfteren an der Oberfläche ansteht und auch im Nordseebereich
wichtiges Erdölmuttergestein ist.
Oberflächennahe, erdölhaltige sandige Sedimente werden als Ölsande bezeichnet.
Alternative Theorien zur Erdölentstehung vermuten die Ursprünge höherer
Kohlenwasserstoffe wie Erdöl direkt im Erdmantel und der tieferen Kruste. Sie
schließen die Beteiligung von fossilen Lebewesen bei der Entstehung aus. Diese
Theorien gelten nach derzeitigem Kenntnisstand als überholt. In der Sowjetunion
war eine solche abiogenetische Theorie nach Nikolai Kudrjawzew in den
1950er-Jahren populär aber nicht unbestritten. Kudrjawzew hielt reine
Planktonansammlungen für ungeeignet, die bedeutenden natürlichen Methanquellen
(vgl. Schlammvulkane) und große Öl- und Ölsandvorkommen zu erklären[11]. Nach
Glasby[11] konnten erst neuere biotische Theorien zur Neubildung von
Kohlenwasserstoffen und deren Mobilität innerhalb von Gesteinen die früheren
abiotischen Annahmen hinreichend erklären.
Die Bildung des einfachsten Kohlenwasserstoffs, Methan, im Rahmen des
Carbonat-Silicat-Zyklus ist seit der Entdeckung bedeutender
Methanhydratvorkommen am Meeresboden in den 1970er Jahren nicht mehr strittig.
Im Westen wurde Thomas Gold mit Theorien zum abiotischen Ursprung von Erdgas
bekannt. Golds Theorien führten zu einigen Explorationsbohrungen, die zwar kaum
Erdöl, aber Hinweise auf biogene Materie und Bakterienaktivität in bisher für
unmöglich gehaltenen Tiefen ergaben[11].
Der russische Sonderweg ähnlich der Thesen von Trofim Lyssenko in der Genetik,
wurde nur noch von wenigen Forschern vertreten [12]. Die bekannten Ölfunde sind
allesamt auf fossiles biotisches Ausgangsmaterial zurückzuführen. Abiotische
Entstehungstheorien gelten als wissenschaftlich exotisch und wurden mitunter als
pseudowissenschaftlich bezeichnet.
2009 wurde einer am Labor der Carnegie Institution (USA) erstellten Studie
zufolge die mögliche Bildung von Ethan, Propan und Butan sowie molekularem
Wasserstoff und Graphit unter im Erdmantel herrschenden Bedingungen
nachgestellt[13], was bislang als thermodynamisch ausgeschlossen galt. Einer
Presseerklärung der Königlich Technischen Hochschule Stockholm zufolge sollte
mit den dabei gewonnen Erkenntnissen die zukünftige Erdölprospektion deutlich
erleichtert werden. Selbst die künftige Förderung von Öl im Königreich Schweden
wird dabei als möglich betrachtet
Grundlage für die Erdölsuche ist genaues Kartenmaterial. In bestimmten Gebieten
(z. B. Iran) kann man Lagerformationen bereits an der Erdoberfläche mittels
Luftbildkartierung erkennen. In Gebieten mit mächtiger Überdeckung der tieferen
Schichten durch junge Formationen oder im Offshore-Bereich genügt dies natürlich
nicht; auch lassen sich aus Luftfotos alleine keine genauen Gesteinstypen oder
deren Alter bestimmen. Dazu und zur punktweisen Überprüfung der
Luftbildinterpretationen muss der Geologe stets selbst das betreffende Gebiet
aufsuchen und dort so viele „Aufschlüsse“ wie möglich durchführen. Interessant
sind Stellen, an welchen für darunterliegende Erdölvorkommen typisches Gestein
an die Erdoberfläche tritt. Dort werden kleine Gesteinsstücke abgeschlagen und
mit einer Lupe bestimmt.
Die gezielte Suche nach Erdöl- und Erdgasvorkommen bezeichnet man als
geophysikalische Prospektion. Unter Physikalischer Prospektion versteht man die
Anwendung physikalischer Gesetze auf die Erkundung des oberen Teils der
Erdkruste. Das sichere Aufspüren im Untergrund verborgener Strukturen, in denen
sich Öl und (oder) Erdgas angesammelt haben können, ist in den letzten
Jahrzehnten zur wichtigsten Voraussetzung einer erfolgreichen Suche nach
Kohlenwasserstoffen (Sammelbegriff für Erdöl und Erdgas) geworden. In der
Frühzeit der Erdölgewinnung war man auf Anzeichen an der Erdoberfläche
angewiesen, die auf Vorkommen von Erdöl schließen ließen. So tritt aus seicht
liegenden Lagerstätten ständig Erdöl in geringen Mengen aus. Ein Beispiel dafür
ist die seit dem 15. Jahrhundert bekannte, aber mittlerweile versiegte
St.-Quirins-Quelle bei Bad Wiessee am Tegernsee, aus der über Jahrhunderte Erdöl
austrat, das vornehmlich als Heilmittel Verwendung fand. Die Suche nach tief
liegenden Ölvorkommen erfolgte früher durch eine eingehende Analyse der
geologischen Verhältnisse eines Landstrichs. In der Folge wurden dann an
ausgewählten Orten Probebohrungen niedergebracht, von denen ca. 10–15 % fündig
wurden.
Am Beginn der Erkundung steht das Auffinden von Sedimentbecken. Das geschieht
häufig durch gravimetrische oder geomagnetische Messungen. Im nächsten Schritt
kommt die Reflexionsseismik zum Einsatz. Dabei werden an der Erdoberfläche
akustische Wellen erzeugt, die an den unterschiedlichen Bodenschichten
reflektiert werden. Je nach Einsatz an Land oder im Wasser werden
unterschiedliche Verfahren verwendet. Quellen seismischer Wellen an Land sind
Explosivstoffe, Fallgewichte oder seismische Vibratoren. An der Erdoberfläche
ausgelegte Geophone dienen als Sensoren zur Aufzeichnung der Wellen. In der
marinen Seismik werden die seismischen Wellen mit Airguns erzeugt. Die
Aufzeichnung der Wellen erfolgt mit Hydrophonen, die entweder am Meeresboden
ausgelegt oder hinter einem Schiff an der Meeresoberfläche im Schlepp gezogen
werden. Aus den Laufzeiten und Charakteristiken der reflektierten Signale lassen
sich Schichtenprofile errechnen. In der frühen Phase der Prospektion werden
2D-Messungen durchgeführt, in deren Ergebnis man Schichtenprofile entlang von
sich kreuzenden Messlinien erhält. Damit lassen sich kostengünstig größere
Gebiete erkunden. Basierend auf den seismischen Daten werden nun auch erste
Erkundungsbohrungen getätigt. Im nächsten Schritt werden in ausgewählten
Gebieten seismisch 3D-Messungen durchgeführt. Hierbei werden die Punkte zum
Erzeugen und Messen seismischer Wellen so ausgelegt, dass man ein
dreidimensionales Bild der Gesteinsschichten erhält. In Kombination mit
bohrlochgeophysikalischen Messdaten kann nun ein quantitatives Modell der Erdöl-
oder Erdgasreserven sowie ein Plan für weitere Bohrungen und zur Förderung
erstellt werden.
Die großtechnische Ausbeutung der Erdöllagerstätten begann im 19. Jahrhundert.
Man wusste bereits, dass bei Bohrungen nach Wasser und Salz gelegentlich Erdöl
in die Bohrlöcher einsickerte. Die erste Erdölförderung im Untertagebau fand
1854 in Bóbrka bei Krosno (Polen) statt. Die ersten Bohrungen in Deutschland
wurden im März 1856 in Dithmarschen von Ludwig Meyn und 1858 bei Wietze in
Niedersachsen (nördlich von Hannover) durchgeführt. In einer Tiefe von ca. 50 m
wurde gegen 1910 mit 2000 Bohrtürmen etwa 80 % des deutschen Erdölbedarfs
gefördert. In Wietze befindet sich heute das Deutsche Erdölmuseum.
Weltberühmt wurde die Bohrung nach Öl, die Edwin L. Drake am 27. August 1859 am
Oil Creek in Titusville, Pennsylvania durchführte. Drake bohrte im Auftrag des
amerikanischen Industriellen George H. Bissell und stieß in nur 21 Meter Tiefe
auf die erste größere Öllagerstätte.
In Saudi-Arabien wurde das „Schwarze Gold“ zuerst in der Nähe der Stadt Dammam
am 4. März 1938 nach einer Reihe erfolgloser Explorationen von der
US-Gesellschaft Standard Oil of California entdeckt.
Allgemein erfolgt die Förderung konventionellen Erdöls heute in folgenden
Phasen:
Oilcom.de
-
das
Oelpportal!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
* In der ersten Phase (primary oil recovery) wird Öl durch den natürlichen Druck
des eingeschlossenen Erdgases (eruptive Förderung) oder durch „Verpumpen“ an die
Oberfläche gefördert.
* In der zweiten Phase (secondary oil recovery) werden Wasser oder Gas in das
Reservoir injiziert (Wasserfluten und Gasinjektion) und damit zusätzliches Öl
aus der Lagerstätte gefördert.
* In einer dritten Phase (tertiary oil recovery) werden komplexere Substanzen
wie Dampf, Polymere, Chemikalien, CO2 oder Mikroben eingespritzt, mit denen die
Nutzungsrate nochmals erhöht wird.
Je nach Vorkommen können in der ersten Phase 10–30 % des vorhandenen Öls
gefördert werden und in der zweiten Phase weitere 10–30 %; insgesamt in der
Regel also 20–60 % des vorhandenen Öls. Angesichts des hohen Preisniveaus und
der globalen Marktdynamik ist damit zu rechnen, dass sich die tertiäre Förderung
auch bei „alten“ Vorkommen stark intensivieren wird.
Besondere Schwierigkeiten bereitet die Erdölförderung aus Lagerstätten, die sich
unter Gewässern befinden („Off-shore-Gewinnung“). Hier müssen zur Erschließung
der Lagerstätte auf dem Gewässergrund stehende oder darüber schwimmende
Bohrplattformen (Bohrinseln) eingerichtet werden, von denen aus gebohrt und
später gefördert (Förderplattformen) werden kann. Hierbei ist das Richtbohren
vorteilhaft, weil dadurch von einer Bohrplattform ein größeres Areal erschlossen
werden kann.
Befindet sich die Erdöllagerstätte nahe der Erdoberfläche, so kann das Öl im
Tagebau gewonnen werden, Beispiel: Athabasca-Erdölsande, Alberta.
Aus tieferen Lagerstätten wird Erdöl durch Sonden gefördert, die durch Bohrungen
bis zur Lagerstätte eingebracht werden.
Nach Abschluss der Bohrarbeiten kann auch eine reine Förderplattform eingesetzt
werden, Beispiel: Thistle Alpha.
Im Dezember 2009 wurde der Öffentlichkeit bekannt, dass bei der Erdöl- und
Erdgasförderung jährlich Millionen Tonnen radioaktiv verseuchter Rückstände
anfallen, für dessen Entsorgung größtenteils der Nachweis fehlt.[15] Im Rahmen
der Förderung an die Erdoberfläche gepumpte Schlämme und Abwässer enthalten
NORM-Stoffe (Naturally occurring radioactive material), u. a. das hochgiftige
und extrem langlebige Radium 226 sowie Polonium 210. Die spezifische Aktivität
der Abfälle beträgt zwischen 0,1 und 15.000 Becquerel (Bq) pro Gramm. In
Deutschland, wo etwa 1000 bis 2000 Tonnen Trockenmasse im Jahr anfallen, ist das
Material laut der Strahlenschutzverordnung von 2001 bereits ab einem Bq pro
Gramm überwachungsbedürftig und müsste gesondert entsorgt werden. Die Umsetzung
dieser Verordnung wurde der Eigenverantwortung der Industrie überlassen, wodurch
die Abfälle letztlich über Jahrzehnte hinweg sorglos und unsachgemäß beseitigt
wurden. Es sind Fälle dokumentiert, in welchen Abfälle mit durchschnittlich 40
Bq/g ohne jede Kennzeichnung auf einem Betriebsgelände gelagert wurden und auch
nicht für den Transport besonders gekennzeichnet werden sollten.[16]
In Ländern mit größeren geförderten Mengen von Öl oder Gas entstehen deutlich
mehr Abfälle als in Deutschland, jedoch existiert in keinem Land eine
unabhängige, kontinuierliche und lückenlose Erfassung und Überwachung der
kontaminierten Rückstände aus der Öl- und Gasproduktion. Die Industrie geht mit
dem Material unterschiedlich um: In Kasachstan sind weite Landstriche durch
diese Abfälle verseucht, in Großbritannien werden die radioaktiven Rückstände in
die Nordsee geleitet.[15][16] In den Vereinigten Staaten gibt es in fast allen
Bundesstaaten aufgrund der radioaktiven Altlasten aus der Erdölförderung
zunehmend Probleme. In Martha, einer Gemeinde in Kentucky, hat das Unternehmen
Ashland Inc. tausende kontaminierte Förderrohre an Farmer, Kindergärten und
Schulen verkauft, ohne diese über die Kontamination zu informieren. Es wurden
bis zu 1100 Mikroröntgen pro Stunde gemessen, so dass die Grundschule und einige
Wohnhäuser nach Entdeckung der Strahlung sofort geräumt werden mussten
Für das Jahr 2004 wurden die bestätigten Weltreserven je nach Quelle auf 1260
Milliarden Barrel (171,7 Milliarden Tonnen nach Öldorado 2004 von ExxonMobil)
bzw. auf 1148 Milliarden Barrel (156,6 Milliarden Tonnen nach BP Statistical
Review 2004) berechnet. Das Wissenschaftsmagazin Science ging 2004 sogar von
Reserven von insgesamt drei Billionen Barrel aus. Die Reserven, die geortet sind
und mit der heute zur Verfügung stehenden Technik wirtschaftlich gewonnen werden
können, nahmen in den letzten Jahren trotz der jährlichen Fördermengen jeweils
leicht zu und erreichten im Jahre 2004 den höchsten jemals berechneten Stand.
Während die Reserven im Nahen Osten, Ostasien und Südamerika aufgrund der
Erschöpfung von Lagerstätten und unzureichender Prospektionstätigkeit sanken,
stiegen sie in Afrika und Europa leicht an.
Nach heutigem Stand der Technik, prospektierter Fläche und Verbrauch decken die
Erdölreserven noch für 50 Jahre den Weltverbrauch. Der Begriff Erdölkonstante
bezeichnet den Umstand, dass solche Voraussagen der statischen Reichweite von
Erdöl wie bei anderen Rohstoffen regelmäßig fortzuschreiben sind. Im Jahre 2003
befanden sich die größten Erdölreserven in Saudi-Arabien (262,7 Milliarden
Barrel), im Iran (130,7 Milliarden Barrel) und im Irak (115,0 Milliarden
Barrel), darauf folgten die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait und Venezuela
(siehe Abschnitt Reserven für eine genaue Tabelle).
Kritiker dieser Reservenangaben weisen allerdings darauf hin, dass die meisten
der Reserven aus Nicht-OECD-Ländern keiner unabhängigen Kontrolle unterliegen
(siehe Fußnoten des BP-statistical review). Oft unterliegen (wie in
Saudi-Arabien) alle Angaben zu Förderdaten einzelner Felder und Reserven dem
Staatsgeheimnis. Daher unterstellen Kritiker diesen Zahlen eine Verfälschung.
Vielen OPEC-Förderländern wird auch unterstellt, die Reserven zu optimistisch
anzugeben, da die zugeteilten Förderquoten abhängig von den gemeldeten
Reservemengen sind.
Rohölpreise (nominell und real) seit 1861
Voraussagen mancher Experten, im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts werde
durch das Erreichen des Peak-Oil bzw. Globalen Erdölfördermaximum der Ölpreis
künftig unausweichlich ansteigen, haben sich noch nicht zweifelsfrei erfüllt. In
der Tat erreichte der Ölpreis im Jahr 2008 seinen nominalen und realen
Höchststand mit 147 $ pro Barrel und blieb auch in der folgenden
Weltwirtschaftskrise auf vergleichsweise hohem Niveau, es ist jedoch noch nicht
zweifelsfrei nachgewiesen ob dieser Preisanstieg im Erreichen des
Ölfördermaximums begründet liegt. Die sichere Bestimmung des Peak-Oil ist erst
in der Rückschau mit einigen Jahren Abstand möglich. Wesentliches Problem ist
allerdings nicht ein Rückgang der Förderung, sondern eine Nichterfüllung der
steigenden Nachfrage. Als Korrektiv bleibt so nur der Preis, wie die enge
Mangsituation mit der Preisspitze von fast 150$ in 2008 gezeigt hat. Eine in der
Vergangenheit stets sichtbare deutliche Ausweitung des Angebots als Folge einer
deutlichen Preissteigerungen konnte in 2008 erstmals in der Geschichte trotz des
exorbitanten Preissprungs nicht verzeichnet werden.
Die Länder der Europäischen Union sind verpflichtet, einen 90-Tage-Vorrat als
Strategische Ölreserve für Krisenzeiten zu unterhalten. Ein großer Teil der
deutschen und ein kleinerer Teil der ausländischen Vorräte liegt in den
unterirdischen Kavernenanlagen im Zechsteinsalz im Raum Wilhelmshaven, wohin
auch das meiste Erdöl nach Deutschland eingeführt wird. In Österreich obliegt
der Erdöl-Lagergesellschaft diese Aufgabe.
Weltweite Ölreserven in Milliarden Barrel[18] Region /
Organisation↓ Annahme
der
Industrie-
datenbank↓ Studie der
Energy Watch
Group↓
OECD 97 112
Russland u. a. 191 154
China 26 27
Südostasien 30 22
Lateinamerika 129 53
Naher Osten 679 362
Afrika 105 125
Welt 1255 854
Bei einem täglichen Verbrauch von 87 Mio. Barrel[19] ergibt sich bei 1255 Mrd.
Barrel eine Laufzeit von etwa 40 Jahren, bei 854 Mrd Barrel eine Laufzeit von 27
Jahren.[20] Man muss allerdings bei der Beurteilung dieser Zahl beachten, dass
Erdölknappheit nicht erst nach Ablauf der (statischen oder dynamischen) Laufzeit
des Erdöls auftritt. Denn anders als aus einem Tank können den Erdöllagerstätten
nicht beliebige Mengen an Öl pro Tag (Förderrate) entnommen werden. Vielmehr
gibt es eine maximal mögliche Förderrate, die häufig dann erreicht ist, wenn die
Quelle etwa zur Hälfte ausgebeutet ist. Danach sinkt ihre Förderrate
(physikalisch bedingt) ab. Ein ähnliches Verhalten wird von vielen Experten auch
für die Ölförderung der Welt angenommen: Nach dem Erreichen eines globalen
Fördermaximums („Peak Oil“, s. oben) sinkt die globale Förderrate. Rein
rechnerisch ist zu diesem Zeitpunkt zwar noch genug Öl vorhanden, um den jeweils
aktuellen Tagesverbrauch zu decken, auch wenn dieser im Vergleich zu heute sogar
noch steigt, doch das Öl kann nicht hinreichend schnell aus den Lagerstätten
gefördert werden und steht somit der Wirtschaft nicht zur Verfügung. Die
Endlichkeit der Ressource Erdöl macht sich bereits lange vor dem Ablauf ihrer
Reichweite bemerkbar. Die hier berechnete Laufzeit des Öls ist daher
wirtschaftlich von nur geringer Bedeutung, interessanter ist vielmehr der
zeitlich Verlauf des globalen Fördermaximum und die Höhe des anschließenden
Produktionsrückgangs
Laut Abdallah Dschumʿa (CEO von Aramco) Anfang 2008, wurden in der Geschichte
der Menschheit rund 1,1 Billionen[22] Barrel Erdöl gefördert. Die meisten
Reserven wurden in den 1960er Jahren entdeckt. Ab Beginn der 1980er Jahre liegt
die jährliche Förderung (2005) bei 30,4 Milliarden Barrel (87 Millionen Barrel
pro Tag Verbrauch in 2008 [19]) – über der Kapazität der neu entdeckten
Reserven, sodass seit dieser Zeit die vorhandenen Reserven abnehmen.
Deshalb wird von einigen Experten mit einem globalen Fördermaximum zwischen 2010
und 2020 gerechnet. Kenneth Deffeyes, Colin J. Campbell und Jean Laherrere
befürchten, das Maximum sei bereits vor 2010 erreicht worden. Eine Folge dieses
Fördermaximums wäre eine anschließend fallende Förderung, so dass die parallel
zum Wirtschaftswachstum prognostizierte Nachfrage nicht mehr ausrechnend gedeckt
werden würde.
Zunehmend kritische Analysen gibt es von der Britischen Regierung[23], vom U.S.
Department of Energy[24] und dem zentralen Analysedienst der US-Streitkräfte,
U.S. Joint Forces Command[25], in dem schon kurzfristig drohende Mangelszenarien
geschildert werden. Die britische Regierung reagiert damit offensichtlich auf
die Tatsache, dass Englands Ölreichtum seit 1999 mit etwa 8% pro Jahr
zurückgeht. In der Folge ist England 2006 vom Erdölexporteur zum Importeur
geworden.[26].
Abdullah S. Jum'ah[22] weist derartige Befürchtungen zurück.[27] Er schätzt,
dass von den vorhandenen flüssigen Ölvorkommen erst weniger als 10 % gefördert
wurden und (inklusive nicht konventioneller Reserven) bei heutigen
Verbrauchsraten noch mindestens für 100 Jahre Erdöl zur Verfügung stehe.[28]
Während in den 1970er Jahren private westliche Ölkonzerne noch knapp 50 Prozent
der weltweiten Ölproduktion kontrollierten[29], hat sich dieser Anteil 2008 auf
weniger als 15 Prozent verringert. Experten[29] halten einen Mangel an Öl nicht
für gegeben, es handele sich um eine Krise im Zugang zu fortgeschrittener
Technologie (der Multies) bzw. umgekehrt auch in der mangelnden
Investitionssicherheit in den staatlich kontrollierten Ölförderländern.
Hauptförderer von Erdöl waren im Jahr 2003 Saudi-Arabien (496,8 Millionen
Tonnen), Russland (420,0 Millionen Tonnen), USA (349,4 Millionen Tonnen), Mexiko
(187,8 Millionen Tonnen) und der Iran (181,7 Millionen Tonnen); die gesamte
Weltförderung lag bei 3.608,6 Millionen Tonnen (siehe 1 für eine genaue
Tabelle). Die Erdölförderung in Deutschland deckte ursprünglich bis zu 80 % des
nationalen Bedarfs und hatte historisch eine große Bedeutung, ist aber
mittlerweile vergleichsweise geringfügig.
Erdöl wird weltweit über weite Entfernungen transportiert. Der Transport von den
Förderstätten zu den Verbrauchern geschieht auf dem Seeweg mit Öltankern, über
Land überwiegend mittels Rohrleitungen (Pipelines).
Ölkatastrophen
Etwa 100.000 Tonnen gelangen jährlich bei Tankerunfällen mit teilweise
katastrophalen Folgen für die Umwelt ins Meer. Bekannt wurde vor allem die
Havarie der Exxon Valdez 1989 vor Alaska. Da versäumt wurde, das Öl direkt nach
dem Unfall mit Ölsperren aufzuhalten und abzusaugen, vergrößerte sich der
Ölteppich und kontaminierte über 2000 km der Küste. Die danach durchgeführten
Reinigungsmaßnahmen erwiesen sich als unwirksam; die katastrophalen ökologischen
Folgen lösten jedoch eine breite öffentliche Diskussion über Risiken und
Gefahren maritimer Öltransporte aus. Der Unfall führte schließlich zu einer
Erhöhung der Sicherheitsauflagen für Öltanker sowie zu einer intensiven
Untersuchung möglicher Maßnahmen zur Bekämpfung von Ölunglücken.
Der Anteil des Erdöls am Primärenergieverbrauch liegt bei ca. 40 % und damit an
erster Stelle der Energielieferanten. Der größte Einzelenergieverbraucher ist
der Straßenverkehr.
Weltverbrauch
Der tägliche Verbrauch weltweit liegt im Jahr 2008 bei etwa 87 Millionen
Barrel[19]. USA (20,1 Millionen Barrel), Volksrepublik China (6 Millionen
Barrel), Japan (5,5 Millionen Barrel) und Deutschland (2,7 Millionen Barrel)
waren im Jahr 2003 Hauptverbraucher des Erdöls (siehe 1 für eine genaue
Tabelle). Der Weltverbrauch steigt derzeit um 2 % pro Jahr an.
Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch liegt bei den Industriestaaten deutlich höher
als bei Entwicklungsländern. So lag der Verbrauch in den USA 2003 bei 26,0
Barrel pro Einwohner, in Deutschland bei 11,7, während in China statistisch auf
jeden Einwohner 1,7 Barrel kamen, in Indien 0,8 und in Bangladesch nur 0,2
Barrel pro Kopf verbraucht wurden.
Hauptausfuhrstaaten sind Saudi-Arabien, die Russische Föderation und der Iran
Deutschland produzierte im Jahr 2007 3,3 Millionen Tonnen Rohöl. Der Anteil des
aus deutschen Quellen gewonnenen Erdöls liegt bei etwa 3 % des Verbrauches, die
ergiebigste Quelle ist dabei das Fördergebiet Mittelplate[31]. Im selben
Zeitraum importierte die Bundesrepublik 106,81 Millionen Tonnen Rohöl[32], (re)exportierte
jedoch nur 0,6 Millionen Tonnen.
Damit wurden in Deutschland 2007 insgesamt 109,4 Millionen Tonnen Rohöl
verbraucht, die bis auf einen kleinen, unmittelbar von der Industrie genutzten
Bruchteil von 5 % vollständig in insgesamt 15 Ölraffinerien[33] weiter
aufgearbeitet wurden, welche selbst über zehn Ölpipelines versorgt werden. Über
den stetigen Rohölzufluss hinaus wurden allerdings 2007 zusätzlich nochmals 29,1
Millionen Tonnen Ölfertigprodukte insbesondere aus Rotterdam importiert[34].
Von den erzeugten Ölfertigprodukten wurden im Jahr 2007 wiederum 3,8 %
unmittelbar von der Industrie als Energieträger verbraucht, 53,7 % beanspruchte
der gesamte Verkehrssektor wie Straßenverkehr (Individualverkehr, Personen- und
Frachttransport), Luftverkehr (Kerosin) und Binnenschifffahrt, 12 % nahm die
Heizenergie für Endverbraucher in Anspruch, 4,9 % diejenige von
Wirtschaftsunternehmen und öffentlichen Einrichtungen. 1,7 % benötigten Land-
und Forstwirtschaft, 23,9 % schließlich gingen als Ausgangsstoffe in die
chemische Weiterverarbeitung etwa zu Düngemitteln, Herbiziden, Schmierstoffen,
zu Kunststoffen (z. B. Spritzgussprodukte, Gummiartikel, Schaumstoffe,
Textilfasern), zu Farben, Lacken, Kosmetika, zu Lebensmittelzusatzstoffen,
Medikamenten u.ä.[34].
Der Verbrauch an Ölfertigprodukten ist seit den 90'er Jahren jährlich um etwa
1,5% rückläufig[35], teils aufgrund fortschreitender Energieeinsparungen (vgl.
Energieeinsparverordnung), teils wegen eines Wechsels zu Erdgas oder
alternativen Energiequellen wie Biodiesel, Solarthermie, Holzpellets, Biogas und
Geothermie[36].
Wertmäßig hingegen sind die Importe von Erdöl und Erdgas nach Deutschland allein
im Jahr 2006 mit 67,8 Milliarden Euro nach vorläufigen Ergebnissen um mehr als
ein Viertel (+28,4 %) gegenüber dem Vorjahr 2005 gestiegen, in der vorläufigen
Spitze im Jahr 2008 waren es zuletzt 83 Milliarden Euro mit einem nochmaligen
Zuwachs von +10% gegenüber dem Vorjahr 2007. Im gesamten Zeitraum 1995 bis 2008
wuchsen die Erdöl- und Erdagsimporte laut Statistischem Bundesamt von 14,44
Milliarden auf stolze 82,26 Milliarden Euro an, mit einem Anteil von
ursprünglich 4,3 %, jetzt 10 % an allen Importen.
Der wichtigste Erdöl- und Erdgaslieferant für Deutschland war 2009 nach
vorläufigen Zahlen bis November mit einem Drittel (33,2 %) der Rohstoffimporte
im Wert von 34,708 Milliarden Euro Russland. Es folgte Norwegen, dessen Erdöl-
und Erdgaslieferungen in Höhe von 14,220 Milliarden Euro 14 % der wertmäßigen
Importe entsprachen[37]. Das drittwichtigste Lieferland für Deutschland war das
Vereinigte Königreich mit Lieferungen im Wert von 10,636 Milliarden Euro, die
einen Anteil von 10 % an den gesamten deutschen Erdöl- und Erdgasimporten
ausmachten. Angesichts der bis 2014 um 590 auf 980 Kilobarrel/Tag verfallenden
Fördermengen des Nordseeöls[38] dürfte dieser Platz in den nächsten Jahren an
Libyen abgetreten werden
Die erste Erdölraffinerie entstand 1859. Die Erdölpreise sanken deutlich und die
Raffinerien nahmen in der Anzahl zu. Leuchtöle, besonders Petroleum,
ermöglichten neue Lichtquellen.
Nach der Einführung des elektrischen Lichts war Erdöl zunächst nicht mehr
attraktiv, doch bald nach der Entwicklung des Automobils setzte die Familie
Rockefeller als Mitbegründerin der Standard Oil Company die Verwendung des
Erdölprodukts Benzin als Ottokraftstoff durch, statt des von Henry Ford zunächst
vorgesehenen Ethanols.
In der Erdölraffinerie wird das Erdöl in seine unterschiedlichen Bestandteile
wie leichtes und schweres Heizöl, Kerosin sowie Benzin u. a. in
Destillationskolonnen aufgespalten. In weiteren Schritten können aus dem Erdöl
die verschiedensten Alkane und Alkene erzeugt werden.
In der chemischen Industrie nimmt das Erdöl eine bedeutende Stellung ein. Die
meisten chemischen Erzeugnisse lassen sich aus ca. 300 Grundchemikalien
aufbauen. Diese Molekülverbindungen werden heute zu ca. 90 % aus Erdöl und
Erdgas gewonnen. Zu diesen gehören: Ethen, Propen, 1,3-Butadien, Benzol, Toluol,
o-Xylol, p-Xylol (diese stellen den größten Anteil dar).
Aus der weltweiten Fördermenge des Erdöls werden ca. 6–7 % für die chemischen
Produktstammbäume verwendet, der weitaus größere Anteil wird einfach in
Kraftwerken und Motoren verbrannt. Die Wichtigkeit dieser Erdölerzeugnisse liegt
auf der Hand: Gibt es kein Erdöl mehr, müssen diese Grundchemikalien über
komplizierte und kostenintensive Verfahren mit hohem Energieverbrauch
hergestellt werden.
Aus Erdöl kann fast jedes chemische Erzeugnis produziert werden. Dazu gehören
Farben und Lacke, Arzneimittel, Wasch- und Reinigungsmittel, um nur einige zu
nennen.
Erdöl ist hauptsächlich ein Gemisch vieler Kohlenwasserstoffe. Die am häufigsten
vertretenden Kohlenwasserstoffe sind dabei lineare oder verzweigte Alkane
(Paraffine), Cycloalkane (Naphthene) und Aromaten. Jedes Erdöl hat je nach
Fundort eine spezielle chemische Zusammensetzung, die auch die physikalischen
Eigenschaften wie Farbe und Viskosität bestimmt.
Farbe und Konsistenz variieren von transparent und dünnflüssig bis tiefschwarz
und dickflüssig. Erdöl hat auf Grund von darin enthaltenen Schwefelverbindungen
einen charakteristischen Geruch, der zwischen angenehm und widerlich-abstoßend
wechseln kann. Farbe, Konsistenz und Geruch sind sehr stark von der
geografischen Herkunft des Erdöls abhängig. Manche Erdölsorten fluoreszieren
unter ultraviolettem Licht auf Grund von unterschiedlichen Beistoffen, wie
Chinone oder Polyaromaten.
Unraffiniertes Erdöl (Rohöl) als Naturprodukt ist mit mehr als 17.000
Bestandteilen eine sehr komplexe Mischung von organischen Stoffen, die
natürlicherweise auf der Erde vorkommen.[40] Neben den reinen
Kohlenwasserstoffen sind noch Kohlenstoffverbindungen, die Heteroatome wie
Stickstoff (Amine, Porphyrine), Schwefel (Merkaptane, Thioether) oder Sauerstoff
(Alkohole, Chinone) enthalten, Bestandteil des Erdöls. Daneben finden sich
Metalle wie Eisen, Kupfer, Vanadium und Nickel. Der Anteil der reinen
Kohlenwasserstoffe variiert erheblich. Er kann zwischen 97 % und 50 % bei
Schwerölen und Bitumen liegen.
In der Petrochemie wird zwischen leichten Sorten mit geringem Schwefelgehalt,
wie West Texas Intermediate (WTI) und dem Nordseeöl Brent und schweren Sorten
wie Mars und Poseidon unterschieden.
Schwefelarmes Rohöl wird süß genannt, schwefelreiches sauer.
Petrochemische Betriebe sind wegen der Abhängigkeit von Naphtha oft in der Nähe
von Raffinerien errichtet worden. Die Crackerkapazität in Deutschland beträgt
ca. 5,8 Millionen Tonnen, die europäische Crackerkapazität beträgt ca. 26,3
Millionen Tonnen. Die Ethylen-Produzenten und Konsumenten sind oft über
Ethylen-Pipelines miteinander verbunden, um Produktionsschwankungen
auszugleichen. Die Produktion von petrochemischen Produkten in Westeuropa, Asien
und Nord- und Südamerika betrugen 2006 55,3 Mio. Tonnen für Ethylen, 35,6 Mio.
Tonnen für Propylen und 27,8 Mio. Tonnen für Benzol[1]. Der Umsatz der
Petrochemie betrug in Deutschland im Jahr 2007 ca. 66 Mrd. Euro.
Das wichtigste Verfahren der Petrochemie ist das Steamcracken, bei dem Ethan,
LPG, Naphtha, Hydrowax, Gasöl oder andere geeignete Kohlenwasserstoffe bei
Verweilzeiten im Millisekundenbereich, üblicherweise 200 bis 500 ms, und
Temperaturen zwischen 800 und 850 °C in Gegenwart von Wasserdampf gecrackt
werden[2]. Die Gasphase der Steamcrackerprodukte enthält die Grundchemikalien
Ethylen, Propylen, den C4-Schnitt (hauptsächlich Buten, Iso-Buten und
1,3-Butadien) sowie Isopren. Die Flüssigphase enthält hauptsächlich Aromaten
(Benzol, Toluol und Xylole) und findet auch als Pyrolysebenzin Anwendung.
Das Steamreforming von Raffineriegasen oder auch leichtem Naphtha liefert
hauptsächlich Kohlenmonoxid und Wasserstoff für die Herstellung von Methanol,
Ammoniak, Essigsäure und Hydrierprozesse.
Aus den Grundchemikalien wird durch verschiedene Prozesse eine Vielzahl von
Zwischen- und Endprodukten hergestellt.
Die bedeutendsten Folgeprodukte sind:
* Ethylen:
o Polyethylen – z.B. über Ziegler-Natta-Verfahren
+ ca. 21% der Gesamtethylenproduktion in LDPE
+ ca. 13% als LLDPE
+ ca. 23% als HDPE
o Ethanol – durch Anlagerung von Wasser
o Ethylenoxid (EO) – durch katalytische Oxidation (ca. 11% der
Ethylenproduktion)
+ Ethylenglykol – durch Reaktion von EO mit Wasser
# Gefrierschutzmittel – enthalten Ethylenglykol
# Polyester – durch Veresterung von Ethylenglykol mit bifunktionalen Säuren
+ Polyethylenglykole – durch Reaktion von EO mit Glykolen
+ Ethoxylate – durch Reaktion von EO mit Alkoholen
+ Monoethanolamin, Diethanolamin, Triethanolamin durch Reaktion mit Ammoniak
o Vinylacetat - Monomer (ca. 2% der Ethylenproduktion)
o 1,2-Dichlorethan – durch Chlorierung (ca. 14% der Ethylenproduktion)
+ Trichlorethylen – durch Chlorierung
+ Tetrachlorethylen – auch Perchloroethylen genannt; als Reiniger in der
“chemischen Reinigung” sowie als Entfettungsmittel genutzt
+ Vinylchlorid - Monomer für Polyvinylchlorid
# Polyvinylchlorid (PVC) – weitverbreiteter Kunststoff
o α-Olefine
+ Poly-α-Olefine als Schmiermittel
+ Co-Monomere für Polyethylen
+ Fettalkohole für Wasch- und Reinigungsmittel
* Propylen:
o Acrylsäure
+ Acrylpolymere
o Allylchlorid -
+ Epichlorhydrin – für Epoxid-Harze
# Epoxide – aus Bisphenol A, Epichlorohydrin, und Aminen
o Isopropylalkohol - 2-Propanol; Lösungsmittel
o Acrylnitril – Monomer für Acrylonitril-Butadiene-Styrol (ABS)-Polymer (ca. 6%
der Gesamtpropylenproduktion)
o Polypropylen – z.B. durch Ziegler-Natta-Verfahren (ca. 57% der
Gesamtpropylenproduktion)
o Propylenoxid (PO) – durch Oxidation (ca. 12% der Gesamtpropylenproduktion)
+ Propylenglykol - Reaktion von PO und Wasser
+ Glykolether – durch Reaktion von PO mit Propylenglykol
* Buten – Monomere und Co-Monomere
o Isobuten – durch Reaktion mit Methanol zu MTBE und als Monomer für die
Copolymerisation mit Isopren
o 1,3-Butadien - Monomer oder Co-Monomer für die Polymerisation zu Elastomeren
+ Kautschuk – aus verschiedenen Dienen oder chlorierten Dienen
* Benzol:
o Ethylbenzol – aus Benzol und Ethylen (ca. 7% der Ethylenproduktion)
+ Styrol – aus Dehydrierung von Ethylbenzol; Monomer
# Polystyrol - Polymers aus Styrol
o Cumol - Isopropylbenzol aus benzol und Propylen; Rohstoff für den
Cumol-Prozess (ca. 7% der Gesamtpropylenproduktion)
+ Phenol – durch Oxidation von Cumol
+ Aceton – durch Oxidation von Cumol
+ Bisphenol A – zur Herstellung von Epoxidharzen
# Epoxidharze
# Polycarbonate – aus Bisphenol A und Phosgen
+ Lösungsmittel
o Cyclohexan – durch Hydrierung
+ Adipinsäure - Copolymer für Nylon.
# Nylon - Polyamid aus Adipinsäure und Diaminen
+ Caprolactam – ein Amid zur Herstellung von Nylon
# Nylon – durch Polymerisation von Caprolactam
o Nitrobenzol – durch Nitrierung von Benzol
+ Anilin – durch Hydrierung von Nitrobenzol
# Methylen-diphenyl-diisocyanat (MDI) - Co-Monomer für die Herstellung von
Polyurethanen
* Polyurethan
o Dodecylbenzol – ein Rohstoff für die Herstellung von Wasch- und
Reinigungsmitteln
+ Detergentien – enthalten oft Salze der Dodecylbenzolsulfonsäure
o Chlorbenzol
* Toluol:
o Benzol
o Toluoldiisocyanat (TDI) - Co-Monomers für die Herstellung von Polyurethanen
+ Polyurethan
o Benzoesäure – durch Oxidation von Toluol
+ Caprolactam
# Nylon
* Xylol
o Phthalsäureanhydrid
o Dimethylterephthalat
+ Polyester
+ Polyethylenterephthalat
# Polyester
Pflanzenöle (pflanzliche Öle) sind aus Ölpflanzen gewonnene Fette und fette Öle.
Ausgangsstoffe zur Herstellung von Pflanzenöl sind Ölsaaten und -früchte in
denen das Öl in Form von Lipiden vorliegt. Pflanzenöle und -fette sind
vorwiegend Ester des Glycerols mit Fettsäuren, sogenannte Triglyceride. Die
Abgrenzung zu den Pflanzenfetten ist die Fließfähigkeit bei Zimmertemperatur.
Bei den ebenfalls aus Pflanzen gewonnenen ätherischen Ölen handelt es sich nicht
um Pflanzenöle. Im Gegensatz zu Pflanzenölen hinterlassen diese beim Trocknen
auf Papier keine Fettflecken.
Pflanzenöle werden durch Auspressen und Extrahieren von Ölfrüchten und -saaten
gewonnen. Die Herstellung von Pflanzenölen wird im Artikel Ölmühle beschrieben.
Pflanzenöle enthalten oft einen höheren Anteil an ungesättigten Fettsäuren als
tierische Fette und gelten daher als gesünder. Die Pflanzenöle unterscheiden
sich aufgrund ihrer unterschiedlichen Zusammensetzung in einer Vielfalt von
Eigenschaften. Ein Beispiel hierfür ist der Rauchpunkt, der spezifisch für die
Pflanzenölsorte ist und bei einigen häufigen Arten zwischen 130 und über 200 °C
liegt.
Nach dem Anteil an ungesättigten Fettsäuren unterscheidet man zwischen
nichttrocknenden (Bsp. Olivenöl), halbtrocknenden (Bsp. Soja- oder Rapsöl) und
trocknenden Pflanzenölen (Bsp. Lein- oder Mohnöl). Der Begriff „Trocknung“
bezeichnet hierbei nicht Verdunstung, sondern das durch Oxidation und
Polymerisation der ungesättigten Fettsäuren bedingte Festwerden (Verharzen) des
Öls.
Die Qualität von Pflanzenölen ist sowohl von der Art der Herstellung des Öls als
auch von Herstellung der ölhaltigen Früchte und Saaten abhängig. Die Herstellung
der Früchte und Saaten geschieht entweder in konventionellem Landbau oder in
biologischem, bzw. ökologischem Landbau.
Während im konventionellen Landbau chemische Pflanzenschutzmittel, Mineraldünger
und Grüne Gentechnik zum Einsatz kommen wird hierauf in der ökologischen
Landwirtschaft verzichtet.
Zur Kennzeichnung von Ölen die aus biologisch angebauten Früchten oder Saaten
hergestellt sind und denen keine weiteren Zusatz- und Hilfsstoffe bei der
Verarbeitung zugesetzt wurden, bedienen sich der Hersteller verschiedener
Bio-Siegel. Raffinierte Öle erfüllen diese Kriterien nicht.
Bei allen nicht raffinierten Ölen ist die Qualität der Rohware entscheidend für
Geschmack, Geruch, Farbe und Vitamingehalt. Bei raffinierten Ölen werden diese
Eigenschaften unabhängig von der Qualität der Rohware verringert.
Das Öl wird zunächst heiß gepresst bei Temperaturen von über 100 °C. Bei der
chemischen oder physikalischen Raffination gehen wertvolle sekundäre
Pflanzenstoffe, geschmackliche Eigenarten und die typische Farbe verloren. Das
raffinierte Öl ist weitestgehend geschmacksneutral, von heller Farbe, lange
haltbar und universell einsetzbar.
Die Rohware wird kalt gepresst, eine geringe Wärmezufuhr bei der Pressung bis
ca. 60 °C ist möglich. Zur Steigerung der Haltbarkeit werden diese Öle teilweise
gedämpft. Bei der Dämpfung werden wie bei der Raffination erwünschte
Begleitstoffe vermindert.
Kaltgepresste Öle werden ohne weitere Wärmezufuhr nur durch Druck oder Reibung
in meist dezentralen Ölmühlen hergestellt. An die Pressung erfolgt meist eine
Filtration. Die Öle enthalten alle Inhaltsstoffe. Diese haben positiven Einfluss
auf die Qualitätskriterien wie Geschmack, Geruch, Farbe und Vitamingehalt.
Native Öle sind naturbelassen und werden kalt gepresst ohne weitere Wärmezufuhr.
Das Öl wird nur filtriert. Weder Öl noch Rohware werden vor- oder nachbehandelt,
etwa durch Raffination, Dämpfung oder Rösten der Saat. Es bleiben alle
Inhaltsstoffe erhalten. Der deutliche Frucht- oder Saatgeschmack, Geruch und
intensive Farbe sind charakteristisch.
Die Saat wird in Schälmühlen von der Schale befreit. Die Kerne werden
anschließend zu kaltgepresstem, nativem Öl weiter verarbeitet. Auf eine
Raffination kann verzichtet werden. Das gewonnene Öl ist ein reines Kernöl. Wie
bei den kaltgepressten oder nativen Ölen bleiben die Inhalts-, Geschmacksstoffe
und Vitamine erhalten. Durch die Schälung werden unerwünschte
Geschmacksbeeinträchtigungen und Trübungen die von den Schalen ausgehen
vermindert.
Diese Aufstellung enthält in der Zusammensetzungstabelle oben nicht aufgeführte
weitere Sorten. In Klammern: der verwendete Pflanzenteil.
* Açaíöl
* Algenöl
* Aprikosenkernöl oder Marillenkernöl (Aprikosenkern – also der Mandel des
Aprikosensteins – der Aprikose bzw. Marille)
* Arganöl (Früchte des Arganbaums)
* Avocadoöl (Fruchtfleisch der Avocado)
* Babaçuöl
* Baumwollsamenöl (Samen der Baumwollpflanze)
* Borretschöl oder Borretschsamenöl (Samen der Borretschpflanze)
* Cashew-Schalenöl
* Cupuaçu-Butter
* Schwarzkümmelöl (Samen der Fruchtkapsel der Schwarzkümmelpflanze)
* Hagebuttenkernöl (Samen der Rose (vor allem aus chilenischen Wildheckenrose))
* Haselnussöl (Haselnüsse)
* Jatrophaöl (Samen der Purgiernuss (Jatropha curcas))
* Jojobaöl – eigentlich ein flüssiges Wachs (Samen des Jojobastrauchs)
* Kaffeebohnenöl rohe oder geröstete Samen des Kaffeestrauchs
* Kakaobutter
* Kamelienöl (Samen der Kamelien)
* Leindotteröl (Samen des Leindotters)
* Macadamiaöl (Nüsse des Macadamiabaums)
* Mandelöl (Mandel)
* Mangobutter (Mangifera indica)
* Papayasamenöl
* Pekannussöl
* Perillaöl (Samen der der Perilla-Pflanze (Shiso, Sesamblatt))
* Pistazienöl
* Reisöl
* Rizinusöl (Samen des Wunderbaums)
* Sanddornkernöl (Kerne der Sanddornbeere)
* Sanddornöl (Fruchtfleisch der Sanddornbeere)
* Senföl (Samenkörner des Schwarzen Senfs)
* Sheabutter (Samen des Sheanussbaums)
* Tungöl
* Wassermelonensamenöl
Pflanzenöle finden vielfältige Verwendung. So unter anderem als
* Nahrungsmittel (z. B. Salatöl, Margarine)
* Kosmetikrohstoff
* Grundstoff für die chemische Industrie (Oleochemie)
* Grundstoff für die Herstellung von Ölfarben und Firnisse
* Biogener Schmierstoff
* Kraftstoff (Pflanzenöl-Kraftstoff oder, nach Weiterverarbeitung, Biodiesel
oder Hydriertes Pflanzenöl)
* Brennstoff in Pflanzenölbrennern, Pflanzenölkochern oder Öllampen
Die dezentrale Ölmühle ist eine Produktionseinrichtung zur Erzeugung von
Pflanzenöl. Ölsaaten oder -früchte werden in dieser Einrichtung durch Auspressen
zu Pflanzenöl und dem Koppelprodukt Presskuchen verarbeitet. Die Dezentrale
Ölmühle unterscheidet sich von der zentralen Ölmühle vor allem durch die
geringere Verarbeitungskapazität (0,5 bis 25 t Ölsaat pro Tag), das
Verarbeitungsverfahren (Kaltpressung, Erzeugung von nativem Öl) und – damit
verbunden – die geringere Ölausbeute bei höherem Restfettgehalt im Presskuchen.
Außerdem arbeiten dezentrale Ölmühlen in der Regel im landwirtschaftlichen
Umfeld.
|